impotenz

Erfolgreiche Behandlung durch PDE-5-Hemmer

Viagra® (Sildenafil) war ein Zufallsfund der klinischen Forschung. Inzwischen gibt es mit Levitra® (Vardenafil) und Cialis® (Tadalafil) noch zwei weitere Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Alle drei Arzneistoffe sind mittlerweile Therapie der Wahl.
Die Wirksamkeit der PDE-5-Hemmer bei erektiler Dysfunktion (ED) wurde in zahlreichen Studien an unterschiedlichen Patientenpopulationen bestätigt. Untersucht wurde der Effekt auf die erektile Dysfunktion unterschiedlicher Ätiologie sowie bei verschiedenen ethnischen Gruppen. Ein direkter Vergleich der Studien ist schwierig, da die Einschlusskriterien und Studiendesigns unterschiedlich sind.

Verbesserte Erektion

Sildenafil, bereits am längsten auf dem Markt, ist naturgemäß der am besten untersuchte Arzneistoff. In einer randomisierten Doppelblindstudie mit 329 Männern (Durchschnittsalter 59 Jahre), die flexible Dosen von 25, 50 oder 100 mg Sildenafil erhielten, verbesserte sich in der Sildenafil-Gruppe die erektile Funktion nach zwölf Wochen signifikant auf 22,1 im Vergleich zu 12,2 in der Placebogruppe. Gemessen wurde die Erektionsfähigkeit mithilfe des 15-teiligen International Index of Erectile Function Fragebogens (IIEF, 21). Zum Vergleich: Werte von 26 oder höher (maximal 30) werden von Personen ohne ED erreicht. Auch andere Aspekte wie Orgasmus oder befriedigender Geschlechtsverkehr verbesserten sich signifikant. Eingeschlossen wurden Patienten, bei denen die Erkrankung circa fünf Jahre bestand. Bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten hatte die erektile Dysfunktion eine organische Ursache (1).

Erektile Dysfunktion

Die erektile Dysfunktion wird definiert als fortwährende Unfähigkeit (für mindestens sechs Monate) eine penile Erektion, die für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreicht, zu erreichen oder aufrechtzuerhalten (18). Die Ursachen sind meist multifaktoriell. Neben organischen Ursachen spielen psychogene Faktoren eine große Rolle. Organische Auslöser einer erektilen Dysfunktion können vaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose sein. Dyslipidemien und Diabetes können aufgrund ihres Effekts auf die Gefäße Störungen auslösen. Auch Depressionen, Multiple Sklerose, Verletzungen des Rückenmarks, anatomische Fehlbildungen und Operationen im Beckenbereich können erektile Funktionsstörungen verursachen. Zum Nebenwirkungsprofil einiger Arzneistoffe wie Thiazide, Betablocker, Selektive Serotonin Reuptake Hemmer zählen erektile Dysfunktionen. Daneben sind jedoch psychogene Auslöser fast immer auch beteiligt. Stress, Versagensängste aber auch Beziehungsprobleme beeinträchtigen die penile Erektion (19).

Eine vergleichbare Wirksamkeit wurde in einer randomisierten doppelblinden Vardenafil-Studie der Phase III beobachtet. In die Untersuchung wurden Männer eingeschlossen, die durchschnittlich drei oder mehr Jahre an erektiler Dysfunktion litten. 805 Männer (Durchschnittsalter 57 Jahre) erhielten 5, 10 oder 20 mg Vardenafil oder Placebo. Nach zwölf Wochen hatte sich bei Patienten, die 20 mg einnahmen, der durchschnittliche erektile Funktionswert gemäß dem IIEF-Index signifikant von 12,8 zu Studienbeginn auf 21 verbessert. In der Placebogruppe verbesserte sich der Wert nur von 13,6 auf 15,0. Circa 40 Prozent der Patienten in der höchsten Dosisgruppe mit schwerer erektiler Dysfunktion erreichten nach zwölf Wochen einen Wert von 26 oder höher. Bei Patienten mit mittelschwerer und leichter erektiler Dysfunktion waren dies circa 50 beziehungsweise 80 Prozent (2).

Patienten, die an Tadalafil-Studien teilnahmen, berichteten über ähnlich verbesserte Erektionen. In die Phase-III-Studien wurden insgesamt 1112 Patienten eingeschlossen. Nach zwölf Wochen hatten Patienten,  die 20 mg Tadalafil einnahmen, einen durchschnittlichen erektilen Funktionswert von 24. Im Vergleich dazu betrug dieser in der Placebogruppe 15. Die behandelten Patienten waren durchschnittlich 59 Jahre alt, bei 61 Prozent hatte die erektile Dysfunktion eine organische Ursache. In die Tadalafil-Studien wurden auch Patienten eingeschlossen, die erst ein Jahr, also verhältnismäßig kurz, an erektiler Dysfunktion litten (3).

Für alle drei Substanzen wurde hinlänglich dokumentiert, dass sie die Erektion verbessern. Jedoch ermöglicht diese nicht unbedingt immer einen erfolgreichen Geschlechtsverkehr. In einer Metaanalyse, die bislang nur für Sildenafil vorliegt, wurde die Wirksamkeit bei verschiedenen Krankheitsbildern im Vergleich zu Placebo untersucht. Analysiert wurden nur klinische Studien mit mindestens zwölf Wochen Dauer. So verbesserte sich in der Gesamtpopulation die Erektionsfähigkeit bei Einnahme von Sildenafil durchschnittlich um 78 Prozent im Vergleich zu 25 Prozent in der Placebogruppe. Über erfolgreichen Geschlechtsverkehr in mehr als 50 Prozent der Versuche berichteten aber nur 57 Prozent der Patienten. In der Placebogruppe waren es 21 Prozent. Bei Patienten mit erektiler Dysfunktion vorwiegend  psychogener Genese hatten durchschnittlich 87 Prozent eine verbesserte Erektion, jedoch nur 66 Prozent berichteten über mehr als 50 Prozent erfolgreiche Versuche (9).

Risikofaktor Diabetes

Männer mit Diabetes mellitus haben ein größeres Risiko, eine erektile Dysfunktion zu entwickeln. In-vitro-Studien haben gezeigt, dass die glatte Muskulatur diabetisch veränderter Gefäße weniger stark erschlafft als bei gesunden Gefäßen. Für alle drei Substanzen wurde in Studien gezeigt, dass sie bei dieser Patientengruppe wirksam sind. So verbesserte sich bei Gabe einer flexiblen Dosis (25, 50 oder 100 mg) Sildenafil die  Erektionsfähigkeit nach 12 Wochen signifikant um 56 Prozent im Vergleich zu Placebo. Bei Einnahme von 10 oder 20 mg Vardenafil waren es 57 beziehungsweise 72 Prozent und bei Gabe von 10 oder 20 mg Tadalafil 56 und 64 Prozent. Auch berichteten signifikant mehr Männer am Studienende, dass die Erektion lange genug anhielt, so dass sie erfolgreich Geschlechtsverkehr hatten (4-6).

Neben der Wirksamkeit bei Diabetes bedingter erektiler Dysfunktion wurde für Sildenafil die Wirksamkeit unter anderem auch für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, Prostatakarzinom, Rückenmarksverletzungen, Depressionen, Multipler Sklerose und Parkinson gezeigt. Studien in USA, Europa, Lateinamerika, Afrika und Asien haben die Effektivität bei verschiedenen ethnischen Gruppen nachgewiesen (7). Auch für Tadalafil und Vardenafil gibt es vergleichbare klinische Wirksamkeitsdaten für ein breites Spektrum von Ursachen und ethnischen Gruppen (3, 8).

Verändertes Farbensehen

Im Allgemeinen werden PDE-5-Hemmer gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen, die bei allen drei Stoffen in den klinischen Studien beobachtet wurden, waren Kopfschmerzen, Flush, Dyspepsie, verstopfte Nase und Schwindel. Muskelschmerzen traten unter Tadalafil ebenfalls häufiger auf. Bei Sildenafil wurden besonders bei höherer Dosierung häufig vorübergehende Sehstörungen wie erhöhte Lichtempfindlichkeit, unscharfes Sehen oder eine Veränderungen des Farbensehens (Blau/Grün) festgestellt. Es wird vermutet, dass die Veränderung des Farbensehens durch die Hemmung des Isoenzyms PDE 6 beeinflusst wird, das beim Phototransduktionsprozess der Retina eine Rolle spielt. Die nicht arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION) ist eine seltene, aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkung, die zum Verlust der Sehkraft führen kann. Seltene Fälle dieser Erkrankung wurden bei allen PDE-5-Hemmern beobachtet. Deshalb sollte der Patient darauf hingewiesen werden, bei einer plötzlichen Sehstörung das Arzneimittel abzusetzen und sofort einen Arzt aufzusuchen (10-12).

Wie wirken PDE-5-Hemmer?

Die Erektion des Penis basiert auf einem hämodynamischen Prozess. Kommt es zu einer sexuellen Stimulation im Gehirn wird über das Rückenmark ein Signal ausgesendet. Dieses löst die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) in den glatten Muskelzellen des Corpus cavernosum (Schwellkörper) im Penis aus. NO aktiviert die Guanylatcyclase. Zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) wird synthetisiert. Die erhöhten cGMP-Spiegel bewirken eine Erschlaffung der glatten Muskulatur, wodurch vermehrt Blut in den Penis einströmt. Es kommt zur Erektion.

Der cGMP-Spiegel wird über die Syntheserate der Guanylatcyclase und die Abbaurate der cGMP-hydrolysierenden Phosphodiesterase (PDE) reguliert. PDE-5-Hemmer erhöhen die cGMP-Spiegel, indem sie selektiv den Abbau von cGMP durch die cGMP-spezifische PDE Typ 5 hemmen, die wichtigste PDE im Corpus cavernosum. Dabei wirken sie als kompetitive Antagonisten an der katalytischen Bindungsstelle des Enzyms. PDE-5-Hemmer verstärken somit den Effekt des endogenen NO, welches als Reaktion auf eine sexuelle Stimulation freigesetzt wird. Das bedeutet, dass die Substanzen ohne gleichzeitige sexuelle Stimulation keine Wirkung zeigen.

Kein erhöhtes Herzinfarktrisiko

Seit der Markteinführung von Sildenafil wird diskutiert, ob die Einnahme aufgrund der geringen vorübergehenden Blutdrucksenkung das Herzinfarktrisiko erhöht. Mittlerweile liegen viele Untersuchungen zum kardiovaskulären Risiko von PDE-5-Hemmern vor, die unter anderem gezeigt haben, dass die Herzinfarktrate nicht höher ist als bei Placebogabe. Jedoch sollten Patienten mit einer vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankung darüber aufgeklärt werden, dass während und zwei Stunden nach Geschlechtsverkehr das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis erhöht ist. Eine Expertenkommission kam zu dem Ergebnis, dass Patienten mit kontrolliertem Bluthochdruck, stabiler Angina pectoris, milder Herzklappeninsuffizienz oder die einen länger zurückliegenden, unkomplizierten Myokardinfarkt hatten, mit PDE-5-Hemmern behandelt werden können. Kontraindiziert sind die Substanzen hingegen bei Patienten mit einem kürzlich erlittenen Herzinfarkt oder Schlaganfall, Patienten mit instabiler Angina pectoris, Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz, Patienten mit unkontrollierten Arrhythmien, Hypotonie oder unkontrollierter Hypertonie. Für diese Patienten liegen keine Studiendaten vor (10-15).

Bei allen drei Substanzen wurden klinisch nicht relevante QTc-Verlängerungen beobachtet. In einer Studie mit gesunden Männern, die einmalig 10 und 80 mg Vardenafil erhielten, verlängerte sich das QTc-Intervall um 8 beziehungsweise 10 Millisekunden circa eine Stunde nach der Einnahme. Die klinische Relevanz dieses Befundes ist unbekannt. Jedoch sollten laut Fachinformation Patienten mit Hypokaliämie, angeborener QT-Verlängerung beziehungsweise solche, die Antiarrhythmika einnehmen, Vardenafil nicht einnehmen. Auch bei einer Einmaldosis von 50 mg Sildenafil beziehungsweise 100 mg Tadalafil verlängerte sich das QTc-Intervall um jeweils vier Millisekunden. Für diese beiden Substanzen besteht jedoch kein Warnhinweis. Torsade-de-Pointes-Arrhythmie wurde bei keiner der Substanzen in den klinischen Studien beobachtet (12, 15-17).

Tadalafil wirkt am längsten

Der Wirkungseintritt ist bei den drei Substanzen ähnlich. Die Einnahme sollte 30 bis 60 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr erfolgen. Maximale Plasmakonzentrationen (Cmax) werden nach 30 bis 120 Minuten erreicht. Während für Tadalafil kein Einfluss der Nahrung auf Geschwindigkeit und Ausmaß der Resorption nachgewiesen wurde,  muss dieses bei Sildenafil beachtet werden. Bei Vardenafil ist die Resorption nur bei stark fetthaltiger Nahrung verringert. Wichtig bei der Einnahme von Tadalafil: Da diese Substanz eine Halbwertszeit von 17,5 Stunden hat und somit die Wirkung normalerweise länger als einen Tag anhält (bis zu 36 Stunden), wird von einer regelmäßigen täglichen Einnahme aus Sicherheitsgründen abgeraten. Für Sildenafil und Vardenafil besteht dieser Sicherheitshinweis nicht. Die Halbwertszeiten liegen bei drei bis fünf Stunden. Eine Dosisanpassung ist bei älteren Patienten oder Patienten mit leichter bis mäßiger Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 80 ml/min) nicht erforderlich. Bei schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min) und Leberfunktionsstörungen wird die jeweils niedrigste Dosierung empfohlen (10-12).

Die drei PDE-5-Hemmer Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil sind in ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit vergleichbar. Die längere Wirkdauer von Tadalafil könnte für Patienten ein Vorteil sein, da sie und ihre Partner weniger unter Druck stehen, zeitnah nach der Einnahme Geschlechtsverkehr zu haben.